Studium Integrale Journal - Home Studium Integrale Journal 14. Jg. Heft 1 - April 2007
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14. Jahrgang / Heft 1 - April 2007

Themen

• P. v d. Veen
Inschriften datieren die Eisenzeit.
Neue Schritte in der Biblischen Archäologie belegen die Zuverlässigkeit der biblischen Autoren
• M. Stephan
Langzeitproblem: Entstehung eines Salzbergs im Iran.
Aufstieg des Kuh-e-Namak trotz ausgedehnter Regenperioden?
• N. Winkler
Fleckige Flügel für Fruchtfliegen.
Evolution komplexer Eigenschaften: veränderte Regulation oder echter Neuerwerb?

Kurzbeiträge

• M. Stephan
Dinosaurier-Fund unerwartet ohne Federn
• R. Junker
„Grundtypstudie“ von Stephen Jay Gould
• N. Winkler
Ameisen – neue Überraschungen (Teil 3)
• S. Hartwig-Scherer
(Nichts) Neues von „Lucys“ Großfamilie. Lucys „Baby-Oma“ bestätigt menschenaffenartigen Körperbau
• S. Hartwig-Scherer
Hickhack um den „Hobbit“
• P. Korevaar
Woher stammen kurzperiodische Kometen? Messungen der Raumsonde „Stardust“ passen nicht in Entstehungstheorie
• H. Binder
Ein einfacher Zugang zum Leben?
• H. Binder
Entstehung des Lebens – Alternative Modelle in Frage gestellt

Streiflichter

•  Supernovaüberreste: Alter um 80% reduziert
•  Wie sicher sind Standardkerzen zur Entfernungsmessung im Kosmos? Der Ausreißer: Die Supernova 2003fg
•  Zellkernhaltige Zellen älter als gedacht
•  Sind die ältesten Tierfossilien „nur“ Bakterien?
•  Neues Szenario zur Entstehung der Insekten
•  Früher Gleiter
•  „Modernes“ Neunauge aus dem Devon
•  Schnelle Anpassung bei Miesmuscheln
•  Groß oder klein
•  Nervige Konvergenz
Titelbild: Flügel verschiedener Fruchtfliegen-Arten. Die Färbungen spielen bei der Brautwerbung der Männchen eine wichtige Rolle: Sie präsentieren ihre Flügel den Weibchen. Es hat sich herausgestellt, dass kleine genetische Änderungen in den Regulationsbereichen eines farbgebenden Gens für diese Vielfalt verantwortlich sind.
(© Nicolas GOMPEL, Abdruck mit freundlicher Genehmigung)



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Editorial

Viele Theologen halten die Historizität besonders der früheren biblischen Geschichte (Patriarchen und Landnahme Israels, Großreich Salomos) für wenig glaubhaft. Oft, so wird behauptet, sind solche Überlieferungen erst sehr viel später entstanden und enthalten allenfalls noch schwache Erinnerungen an frühere Ereignisse. Darüber hinaus wird oft angenommen, die Geschichten seien theologisch stark aufgebauscht worden, so dass die Darstellung nur noch wenig mit der ursprünglichen Überlieferung zu tun habe.

Diese seit vielen Jahren in der Bibelwissenschaft vertretene Lehrmeinung hat in den letzten 20-30 Jahren erhebliche Unterstützung aus der „biblischen“ Archäologie erhalten (z.B. I. FINKELSTEIN & N. A. SILBERMAN, Keine Posaunen vor Jericho, 2002). Die Archäologen behaupteten zunehmend, ihr Funde widersprächen dem Alten Testament in vieler Hinsicht. Aber nicht alle Gelehrten teilen diese Meinung. So appellierte der bekannte Ägyptologe Prof. Kenneth KITCHEN in seinem Buch On the Reliability of the Old Testament 2003 an die Fachwelt, die Schreiber und Schriften des Alten Testaments doch fairer zu behandeln und sie im Licht unabhängiger Daten aus der Archäologie zu betrachten.

Eine direkte chronologische Zuweisung von materiellen Überresten in der weitgehend stummen Archäologie der südlichen Levante bleibt allerdings schwierig, da die nötigen „im Kontext“ gefundenen Inschriften weitgehend fehlen. So besitzen wir z. B. keine Bauinschriften, die endgültig belegen würden, dass die Salomo zugeschriebenen Bauten in Megiddo und Hazor tatsächlich auf diesen König zurückgehen. Obwohl die überragende Bedeutung der in situ (an Ort und Stelle) entdeckten Inschriften für die Etablierung einer zuverlässigen Chronologie seit den Anfängen der „biblischen Archäologie“ im 19. Jahrhundert bekannt ist, wurde ihre Notwendigkeit sehr oft ignoriert. Geprägt von Willkür und Voreingenommenheit haben Gelehrte mehrfach die stummen Zeugen der Archäologie für oder gegen das Alte Testament verwendet.

Peter VAN DER VEEN zeigt in seinem Beitrag, wie neue systematische Studien der ausgegrabenen Inschriften am Ende der Eisenzeit in Israel und Jordanien (ca. 650-550 v. Chr.) helfen können, Willkür und Voreingenommenheit in der Forschung zu überwinden. Denn diese Funde erlauben nicht nur eine vergleichsweise sichere chronologische Zuordnung, sondern zeigen auch, wie präzise und zuverlässig die biblischen Autoren ihre eigene Welt beschrieben haben. Eine breit angelegte Studie aller Inschriften (auch die der früheren Epochen) dürfte neues Licht auf die Geschichte des alten Israel werfen.

In einem geomorphologischen Beitrag diskutiert Manfred STEPHAN eine Diskrepanz zwischen den üblichen Zeitvorstellungen des Quartärs und reliefgeschichtlichen Beobachtungen an einem Salzberg im Iran. Dessen Existenz kann am ehesten erklärt werden, wenn die Dauer der Pluvialzeiten (Feuchtzeiten) des Quartärs um mehrere Zehnerpotenzen reduziert wird. Bemerkenswerterweise deutet sich damit eine zeitliche Größenordnung an, zu der Michael BRANDT in seinem vor Jahresfrist veröffentlichten Buch „Wie alt ist die Menschheit?“ (Holzgerlingen, 2006) aufgrund ganz anderer, unabhängiger Indizien gelangt. Für eine Hinterfragung geologischer Zeitvorstellungen gibt es durchaus empirische Anhaltspunkte.

Immer wieder in Bewegung ist die Diskussion in der Paläanthropologie. Der sehr gut erhaltene Neufund eines Australopithecus – also die Gattung, die von vielen Forschern nach wie vor als Übergangsform zwischen affenartigen Vorläufern und Menschen betrachtet wird – zeigt deutliche Merkmale eines menschenaffenähnlichen Körperbaus mit Klettermerkmalen. Damit wird die schon früher geäußerte Kritik an der Übergangsstellung von Australopithecus bestätigt. Sigrid HARTWIG-SCHERER erläutert die Einzelheiten. In einem weiteren Artikel schildert sie den neu entbrannten Streit um den 2003 auf der Insel Flores (Indonesien) entdeckten sensationellen Fund des sogenannten „Hobbit“-Menschen, einer menschlichen Zwergenform. Die Meinungen über die Natur dieser Fossilien werden mit jeder neuen Publikation kontroverser. Das zeigt beispielhaft, wie groß die Deutungsspielräume bei Fossilfunden sein können. Ein Ende des Streits ist nicht in Sicht.

Der dritte Teil der Artikelserie über Ameisen regt zum Staunen über die vielseitigen Fähigkeiten dieser formenreichen Insektengruppe an. Auch wenn es dafür keinen naturwissenschaftlichen Beweis geben kann: Von selbst, d.h. innerhalb des naturgesetzlichen Rahmens, scheint die Entstehung dieser Fähigkeiten aus einfacher strukturierten Vorläufern nicht erklärbar zu sein.

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