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27. Jahrgang / Heft 2 - Oktober 2020
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Kurzbeiträge
Streiflichter
Debatte
EditorialDas wohl aufsehenerregendste wissenschaftliche Forschungsobjekt ist Leben an sich. Kaum eine wissenschaftliche Disziplin hat in den vergangenen 100 Jahren eine vergleichbare Entwicklung erfahren wie die Lebenswissenschaften. Oft veranlassen neue Entdeckungen in der Molekularbiologie Wissenschaftler dazu, in ihren Artikeln ihr tiefes Erstaunen über die „genialen Konstruktionen und ausgeklügelten Erfindungen“ des Lebens auszudrücken. Und immer wieder geben Wissenschaftler nachdenklich zu – vor allem gegen Ende ihrer Laufbahn –, dass wir noch an der Oberfläche dessen kratzen, was wir Leben nennen. Da erscheint es unbegreiflich, dass die große Mehrheit der Wissenschaftler weiterhin unumstößlich daran glaubt, dass der Ursprung des Lebens in gewöhnlichen natürlichen Vorgängen zu verorten ist. Wenn die richtigen chemischen Zutaten vorhanden waren und sich zufällig die notwendigen Bedingungen einstellten, soll Leben entstanden sein – auf welche Weise auch immer. Diese Denkweise pflanzt sich darüber hinaus in der jungen Forschungsdisziplin der Astrobiologie fort – der Suche nach Leben außerhalb unseres Planeten. Dabei wird erwartet, dass Leben irgendwo im Universum sogar auf absolut lebensfeindlichen Planeten oder Monden entstanden sein könnte. Erst kürzlich meldeten mehrere populärwissenschaftliche Magazine, dass es möglicherweise Leben auf der Venus gibt. Anlass für diese Vermutung ist nicht mehr als ein indirekter Hinweis auf das Vorhandensein des Gases Phosphan (PH3) in der Venusatmosphäre. Auf der Erde wird die Entstehung von Phosphan gemäß bisherigem Wissen nur auf biologische Quellen wie Klärschlamm oder Abwässer zurückgeführt. Daher wird darauf geschlossen, dass es auch auf unserem heißen Nachbarplaneten auch biologische Ursachen haben könnte. Dass Lebewesen auf der Venus je nach Wahl des Habitats entweder Temperaturen von ca. 400 °C (in der tieferen Atmosphäre) oder 90% Schwefelsäure (in den Wolken) aushalten müssten, scheint kein Ding der Unmöglichkeit zu sein. Wenn Leben auf einem extrem heißen Planeten vermutet werden kann, dann auch auf einem sehr kalten. Kürzlich meldete eine Forschergruppe, dass sie auf dem Saturnmond Enceladus Lebewesen vermuten, dessen Oberfläche ca. -200°C kalt ist. Eine beteiligte Wissenschaftlerin antwortete in einem Interview auf die Frage, welche Voraussetzungen für Leben erfüllt sein müssten mit den Worten: „Es braucht flüssiges Wasser, das ist ganz wichtig. Dann braucht es organische Verbindungen aus Kohlenstoff und Sauerstoff aber auch aus Stickstoff, Phosphor und Schwefel. Und es braucht Energie. Zudem sollte es über einen langen Zeitraum stabil bleiben, damit Lebewesen sich entwickeln können.“ Jedem, der auch nur den Versuch unternommen hat, molekulare Bausteine von Lebewesen wie DNA oder Proteine im Labor nachzubauen, dürften solche Annahmen als Gipfel der Irrationalität vorkommen. Denn die Synthese solcher Moleküle braucht vor allem eines: eine intellektuelle Höchstleistung. In dieser Ausgabe widmen wir uns in drei Beiträgen dem Thema „Lebensentstehung“, die erneut bestätigen, dass Plan und Zielsetzung entscheidend. Angesichts des Scheiterns bisheriger Modelle, die alleine physikalisch-chemische Gesetzmäßigkeiten zugrunde legen, werden immer wieder neue Orte eines Lebensursprungs ins Spiel gebracht, so neuerdings Räume tief unter der Erde, wie Boris Schmidtgall berichtet. Er zeigt dabei auch eine auffällige Diskrepanz zwischen der Deutung der Ergebnisse und den zugrundeliegenden Daten auf. Auch Hinweise von möglichem Leben in Meteoriten erweisen sich als höchst fragwürdig, wie derselbe Autor in einem weiteren Beitrag erläutert. Peter Borger berichtet über Arbeiten mit selbst sich vervielfältigenden chemischen Systemen, die ebenfalls im Zusammenhang der Lebensentstehungsfrage diskutiert werden. Es bewahrheitet sich regelmäßig: Nur wenn Forscher zielorientiert eingreifen, kommen brauchbare Ergebnisse zustande. Die Frage, was die bekannten Evolutionsmechanismen zu leisten imstande sind, wenn Leben einmal da ist, ist Gegenstand weiterer Beiträge über die Entstehung neuer Gene, über Artbildungsprozesse und das Langzeit-Evolutionsexperiment. Peter Borger erläutert Indizien, die dafür sprechen, dass neue Gene nicht wirklich neu sind, sondern auf Programmierung beruhen. Nigel Crompton zeigt, dass Artaufspaltungen auf der Basis von programmierter Vielfalt erfolgen und dadurch innerhalb weniger Generationen erfolgen können. Und Daniel Vedder präsentiert die neuesten Ergebnisse des seit 1988 laufenden Langzeit-Evolutionsexperiments, aus denen hervorgeht, dass die bedeutendste beobachtete Veränderung in diesem Experiment sich nicht als evolutionäres Sprungbrett für neuartige Fähigkeiten erweist, sondern eher als ein „Tanz am Rande des Abgrunds“. Viele weitere aufschlussreiche Beiträge laden zu einer erhellenden Lektüre ein. Ihre Redaktion STUDIUM INTEGRALE JOURNAL Ganzes Heft im PDF-Format ... download | ![]() |
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