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EditorialWenn es um die Frage geht, wie gut die Theorie einer allgemeinen Evolution aller Lebewesen begründet ist, wird häufig das Begriffspaar Mikroevolution/Makroevolution verwendet. Das ist besonders dann der Fall, wenn Mechanismenfragen für eine umfassende Evolution der Lebewesen diskutiert werden. Auch wenn diese Begriffe nicht explizit verwendet werden, wird doch häufig ein qualitativer Unterschied zwischen einer evolutiven Feinabstimmung und der Entstehung von Neuem vorausgesetzt. Wichtig sind dabei möglichst klare begriffliche Bestimmungen, sonst diskutiert man aneinander vorbei. Denn gerade der Begriff „Makroevolution“ wird auf sehr verschiedene Weise gebraucht. Reinhard JUNKER bringt mit seinem Artikel Ordnung in diese Bedeutungsvielfalt und arbeitet die entscheidenden Fragestellungen makroevolutionärer Hypothesen heraus. Makroevolution, als „Konstruktionsproblem“ verstanden, kann demnach auch heute nicht als aufgeklärt gelten, und zwar nicht einmal ansatzweise. Daß „Makroevolution“ nach wie vor ein Thema in der Evolutionsforschung ist, bewies in diesem Jahr auch ein Artikel in der bedeutenden Wissenschaftszeitschrift Science. Darin wurde der experimentelle Nachweis der evolutiven Entstehung einer irreduzibel (nichtreduzierbar) komplexen Struktur behauptet. Solche Strukturen gelten für Evolutionskritiker als markante Belege dafür, daß die bekannten (ungelenkten) Evolutionsmechanismen die Baupläne des Lebens nicht geschaffen haben können. Auch wenn die Experimente nicht halten, was die Autoren in ihrem Artikel versprechen, zeigen sie doch, daß das Konzept der irreduziblen Komplexität prüfbar und damit prinzipiell widerlegbar ist - was weithin als ein wichtiges Kriterium von Wissenschaft gilt. In diesem Zusammenhang ist der Überblick über den Grundtyp der Katzenartigen interessant, den Niko WINKLER und Nigel CROMPTON vorlegen. Die Autoren zeigen anhand verschiedener Befunde, daß diese Familie gegen andere Säugergruppen klar abgrenzbar ist. Spannende Ergebnisse liefern auch andere Wissenschaften. Manfred STEPHAN stellt ein neues Geomorphologie-Lehrbuch vor, in dem folgende These vertreten wird: Die Entstehung der ausgedehnten Flächenlandschaften verlief sehr wahrscheinlich unter einem Klima, das Charakteristika hatte, die keinem der heutigen Klimate entsprechen. Die Autoren nehmen an, daß diese andersartigen Bedingungen die zahlreichen weltweiten Vorkommen von Gestein erklären, das oft bis in hunderte Meter Tiefe zersetzt ist; das „butterweiche“ Zersetzungsprodukt konnte dann leicht flächenhaft abgespült werden. Mit diesem deutlichen Überschreiten des Aktualismus-Prinzips ist jedoch letztlich offen, wieviel Zeit dieser heute nicht ablaufende Zersetzungsprozeß bis hinunter zur Tonkorngröße benötigte. Die Bedeutung der Hypothese besteht darin, daß hier ein möglicher Schlüssel für die rasche Bereitstellung feinkörniger Sedimente liegen könnte, aus denen sehr viele Ablagerungsgesteine bestehen. Mit einem ungelösten Rätsel am Schnittpunkt von Kosmologie und Teilchenphysik befaßt sich Peter TRÜB. Es geht um die Frage, wie die uns bekannte, ausschließlich aus Materie bestehende Welt entstanden sein könnte bzw. weshalb in unserer Umgebung nur Materie, jedoch keine Antimaterie existiert. Der Autor diskutiert verschiedene Lösungsvorschläge und kommt zum Schluß, daß zum heutigen Zeitpunkt das Problem der bevorzugten Entstehung von Materie gegenüber Antimaterie eindeutig ungelöst ist. Er sieht darin eine Parallele zum ungelösten Problem der natürlichen Entstehung der Chiralität (Händigkeit) bei der erstmaligen Entstehung des Lebens, worüber in der letzten Ausgabe von Studium Integrale journal berichtet wurde. Ihre Redaktion Studium Integrale journal | ![]() |
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