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Kulturhistorisch gesehen waren Kolibris schon in den ältesten erhalten gebliebenen Kulturen Mittel- und Südamerikas bekannt (vgl. Poley 1994). So finden sich beispielsweise sowohl in der Mythologie der späten Mayas als auch insbesondere bei den Azteken (beide Mexiko) ab ca. 1000 n.Chr. literarische und plastische Darstellungen mit Motiven, die den Kolibri entweder in Gestalt oder an der Seite von Göttern zeigen. Die Vögel wurden u.a. als Symbole für die Sonne, die Fruchtbarkeit (Erscheinen bei Regenzeit), die Liebe, aber auch den Krieg angesehen. Selbst von der heutigen indianischen Bevölkerung wird der Kolibri teilweise noch als Glücksbringer verehrt und leider auch dementsprechend gehandelt (z.B. als Aphrodisiakum). In den südamerikanischen Indianerkulturen finden sich weitere, wenngleich wesentlich spärlichere Hinweise. Aus der Nazca-Zeit stammende Tongefäße mit Kolibrimotiven gehören sicherlich zu den ältesten Vogeldarstellungen in Lateinamerika überhaupt (3./4. Jh. v. Chr.). In einigen Abbildungen ist bereits die enge Beziehung von Kolibris und Blumen angedeutet. Auch manche der berühmten, rätselhaften Felszeichnungen der Nazca-Indianer (um 800 n.Chr.) sollen Kolibris darstellen. Die wahrscheinlich älteste wissenschaftliche Beschreibung von Kolibris stammt bereits aus dem 17. Jahrhundert, als ein gewisser Marcgrave von Liebstadt in einer der bedeutendsten frühen Veröffentlichungen über die südamerikanische Fauna, der "Rerum naturalium Brasiliae" (1610-1644), einige Arten aus Brasilien beschrieb. Die damals verwendete Bezeichnung "Guainumbi" läßt sich aus dem Indianischen ableiten und bedeutet soviel wie "Bloemen-Specht". Die beigefügte Zeichnung (Abb. 2) verdeutlicht, worauf sich der Name bezieht, nämlich auf den für die Ernährung (Blumen, = Blüten) wichtigen, ähnlich wie bei Spechtvögeln (Piciidae) verlängerten Schnabel. Auf den Aspekt der Nahrungsaufnahme verweisen auch Namen wie "Blumenvögel", "Oiseaux-mouches" (frz.: "Fliegen-Vögel"; z.B. Lesson 1829) oder "Beija flor" (port.: Blütenküsser). Der englische Name "hummingbird" erinnert hingegen an das summende Fluggeräusch, das aus der Nähe wahrgenommen werden kann. Zur Zeit des bedeutenden schwedischen Naturforschers und Taxonomen Linné waren 18 Arten bekannt ("Systema Naturae", 1758). Die Blütezeit der Kolibrientdeckungen begann erst im folgenden Jahrhundert, u.a. infolge der zunehmenden Bedeutung der Schmuckindustrie insbesondere in Europa (England, Frankreich), als große Anzahlen südamerikanischer Arten zwecks Federgewinnung gehandelt wurden. Interessanterweise lieferten diese häufig schlecht datierten Belegexemplare (d.h. ohne genauen Fundort) solcher Sammlungen in einigen Fällen die bis heute einzig bekannten Exemplare bestimmter Taxa (z.B. in der Gattung Heliangelus). Zahlreiche in den Museumssammlungen vertretene Arten, vor allem aus Kolumbien und Brasilien, stammen zum überwiegenden Teil aus kommerziellen Beständen. Im gesamten 20. Jahrhundert wurde hingegen kaum mehr als ein Zehntel aller heute anerkannten Arten (ca. 30) beschrieben, allerdings nahm die Zahl der beschriebenen Taxa nach Kriegsende wieder leicht zu. Abgesehen von bislang unentdeckt gebliebenen Museumsexemplaren und taxonomischen Verschiebungen (z.B. Unterarten als Arten definiert) wurden in den vergangenen zwanzig Jahren in vivo lediglich drei Arten neu beschrieben, davon zwei aus den südamerikanischen Kordilleren (Graves 1980, Stiles 1996) und eine aus Amazonien (Ruschi 1982). Aufgrund der raschen Folge von Erstbeschreibungen im vorigen Jahrhundert wurde eine Vielzahl von Gattungsnamen eingeführt, was die Klassifizierung der Kolibris nicht unwesentlich erschwerte. Als besonderes Problem erweist sich dabei die Synonymisierung (Vergabe verschiedener wissenschaftlicher Namen für dieselbe Art bzw. Unterart), die durch zahlreiche Revisionen geschaffen wurde. Die gegenwärtige Nomenklatur und Einteilung orientiert sich im wesentlichen noch an der Einteilung von Peters (1945), obwohl jüngere Arbeiten auf molekularbiologischer Grundlage (Allelfrequenzhäufigkeiten, DNA-DNA-Hybridisierung) einen gewissen Gegenansatz darstellen (u.a. Gerwin & Zink 1989, Sibley & Monroe 1990, Bleiweiss et al. 1997). |
Beginnend mit Gould (1861) wurden die Kolibris traditionell in zwei Unterfamilien eingeteilt, die Schattenkolibris (Phaethornithinae; Abb. 3) und die eigentlichen Kolibris (Trochilinae). Beide unterscheiden sich hinsichtlich morphologischer, biologischer, ethologischer und ökologischer Charakteristika. Als typische Vertreter der ersten Gruppe können beispielsweise Gattungen wie Phaethornis, Glaucis und Ramphodon genannt werden. Die Schattenkolibris sind u.a. durch primär düstere, nichtirisierende Gefiederfarben, eine überwiegend insektivore Ernährungsweise sowie den Bau kegelförmiger Hängenester gekennzeichnet (z.B. Gould 1861, Ridgway 1911, Greenewalt 1960, Johnsgard 1983, Hinkelmann 1988, Schuchmann 1995). Demgegenüber lassen sich die Trochilinae aufgrund des bei vielen Arten metallisch schimmernden Gefieders mit Geschlechtsdimorphismus, durch Nektarivorie (Ernährung von Blütennektar) als primärer Art des Nahrungserwerbs und den Bau von auf Ästen aufsitzenden Napfnestern abgrenzen. Die weitaus meisten Trochiliden (117 Gattungen mit ca. 300 Arten; vgl. Peters 1945) gehören den Trochilinae an, darunter polytypische (artenreiche) Gattungen wie Amazilia, Chlorostilbon und Hylocharis. Der systematische Status der Gattungen Androdon und Doryfera, die früher den Schattenkolibris zugerechnet wurden (Peters 1945, Meyer de Schauensee 1966), ist umstritten. Einige neuere Autoren stellen sie zu den Trochilinae (Sibley & Monroe 1990), während Schuchmann (1995) aufgrund spezieller (apomorpher) Merkmale und einer eigenständigen Gesangsstruktur nicht ausschloß, daß beide eine eigene Unterfamilie bilden. Die eigenständige Nestkonstruktion (hängendes Napfnest bei Doryfera, damit intermediär zu den Phaethornithinae bzw. Trochilinae; Nest von Androdon unbekannt) könnte ein Hinweis darauf sein, daß es sich bei den Doryferinae um ein phylogenetisches Bindeglied zwischen den beiden anderen Unterfamilien handelt. Neuere systematische Studien auf der Grundlage molekularer Vergleiche (DNA-Hybridisierung) unterstützen dagegen die Einteilung der klassischen Unterfamilien (Sibley & Monroe 1990, Bleiweiss et al. 1994, Bleiweiss et al. 1997). Grundsätzlich als problematisch für eine interne Klassifikation der Kolibris erweist sich das fast vollständige Fehlen fossiler Belege (ausgenommen wenige Funde relativ abgeleiteter, "moderner" Arten in Quartärablagerungen karibischer Inseln). Obwohl die morphologisch-biogeographische Überprüfung wichtiger Trochilidengruppen noch aussteht, weisen Untersuchungen an einzelnen Gruppen auf die Notwendigkeit weiterer taxonomischer Revisionen hin (z.B. Hinkelmann 1988, Schuchmann & Heindl 1997, Weller 1998). |
Ein auffälliges äußeres Kennzeichen der meisten Gattungen der Unterfamilie Trochilinae ist ein je nach Lichteinfallswinkel und -intensität metallisch schimmerndes Gefieder, woran Gattungsnamen wie Heliangelus (Sonnenengel), Metallura (Metallschwanz) oder Heliodoxa (Brillant) erinnern. Durch Lichtbrechung in speziellen Federstrukturen entstehen komplexe Farbeffekte (vgl. Greenewalt 1960), die bei Bewegung des Vogels häufig mehrere Farbtöne signalisieren. Für die Lichtbrechung sind mehrere Schichten von Plättchen in den Federästchen zuständig, die einen höheren refraktiven Index als die Luft (1.0) besitzen. Je nach Dichte dieses optischen "Films" und dem Einfallswinkel wird das Licht reflektiert; eine vielschichtige Plättchenanordnung verstärkt den reinen Farbeffekt. Als Grundfärbung des Brust- und Bauchgefieders tritt häufig eine gold- bis dunkelgrüne metallische Tönung auf (u.a. Gattungen Polyerata, Chlorostilbon, Heliodoxa), die von zusätzlichen irisierenden Signalflecken (besonders Bauchgefieder) ergänzt werden kann. Im Rückengefieder ist die metallische Kontrastierung meist abgeschwächt. Im Unterschied zu den Trochilinae und Doryferinae besitzen die meisten Phaethornithinae ein erdfarbenes Gefieder mit bräunlichen Farbtönen und einer schwarz-weißen "Gesichtsmaske". Aufgrund der Lebensweise von Trochiliden sind zwei Funktionssysteme besonders beachtenswert, der Flugapparat und die Schnabel-Zungen-Einheit. Die Flugtechnik der Kolibris erfordert besondere Konstruktionen des Skeletts und der Muskulatur. Immerhin besitzen kleinere Arten bereits eine Flügelschlagfrequenz von ca. 80/sec im Vorwärtsflug, was das Maximum unter allen Vögeln darstellt. Beim Balzflug sind unglaubliche 200 Schläge pro Sekunde möglich, wobei eine Spitzengeschwindigkeit von 95 km/h erreicht wird. Wagner (1945) gab für den mittelamerikanischen Veilchenohr-Kolibri (Colibri thalassinus) als Maximum beim Verfolgungsflug sogar 150 km/h an. Das charakteristischste ethologische Kennzeichen der Kolibris ist der Schwirrflug, der die Nektaraufnahme aus freihängenden Blüten ermöglicht. Der Vogel "steht" dabei vor der Blüte, wobei die Flügelbewegung eine liegende Acht beschreibt. Neben dem Schwirrflug ist die Fähigkeit zum Rückwärtsfliegen für das gesamte Tierreich einzigartig. |
Der Skelettaufbau weist als Besonderheiten gegenüber anderen Landvögeln einerseits ein stark vergrößertes, gekieltes Sternum (Brustbein), ein vergrößertes Coracoideum (Rabenschnabelbein) und acht Rippen (sonst meist sechs), die als Ansatzpunkt bzw. Stabilisator der Muskulatur und inneren Organe wirken. Relativ gesehen sind die Brust- und Flugmuskulatur am kräftigsten unter allen Vögeln ausgebildet. Die Flügel sind durch eine starke Verkürzung der Armknochen bei einer gleichzeitigen Verlängerung der Hand- und Fingerknochen (und damit auch der äußeren Handschwingen) gekennzeichnet. Spezielle Anpassungen an den Schwirrflug stellt die Morphologie des Schulter- (Innenfläche wirkt statt Gelenkpfanne als Lager) und des Ellenbogengelenks (Knochenscheibe ermöglicht freie Drehbarkeit des Unterarms) dar. Die Schnabelform hat im Verlauf der Mikroevolution dieser Vogelgruppe besondere Anpassungen erfahren und zeigt, verglichen mit anderen tropischen Familien, eine erstaunlich hohe Variabilität (Abb. 4). Vertreter der Schattenkolibris besitzen grundsätzlich lange, deutlich gekrümmte Schnäbel, die es ermöglichen, sowohl Blüten mit langer, gebogener Kronröhre (z.B. Scrophulariaceae, Heliconiaceae) aufzusuchen als auch bodenbewohnende Insekten zu erbeuten. Der Schnabel des Zahnschnabel-Kolibris (Androdon aequatorialis) ist spitzenwärts durch feine, rückwärts gerichtete Zähnchen gekennzeichnet, die dem Festhalten von Insekten dienen. Bei den eigentlichen Kolibris (Trochilinae) überwiegen mittellange, relativ gerade oder schwach gekrümmte Schnäbel, ein Hinweis auf deren primär nektarivore Ernährung. Allerdings treten extreme Spezialisierungen in einzelnen Gattungen auf. Kolibris der Gattungen Ramphomicron und Oxypogon besitzen stark verkürzte Schnäbel mit nur 5-8 mm Länge. Der Schnabel des andin vorkommenden Schwertschnabel-Kolibris (Ensifera ensifera, Abb. 5) erreicht demgegenüber bis zu 10 cm Länge und damit in Relation zur Körperlänge (ca. 7 cm) den Spitzenwert aller Vögel überhaupt, was als Adaptation an die typische Nahrungspflanze, die Passionsblume Passiflora mixta, interpretiert wird (Snow & Snow 1980). Durch einen hakenförmig gekrümmten Schnabel ist der Adlerschnabel-Kolibri (Eutoxeres aquila) charakterisiert, der sich neben Insektennahrung auf Heliconiennektar spezialisiert hat. Eine wesentliche Rolle bei der Aufnahme der Nektarnahrung spielt die Zunge (Abb. 6). Wie der Schnabel ist sie meist stark verlängert und besitzt eine gegabelte Spitze, die mit zahlreichen Papillen (zur Oberflächenvergrößerung) versehen ist. Bei der Nahrungsaufnahme wird die Zunge zunächst aus dem Schnabel herausgeführt und der Nektar passiv durch Kapillarwirkung in den Hohlraum im Vorderteil der Zunge gesogen; Poley (1968) bezeichnet diesen Vorgang als "Sonderform des Leckens". Beim Zurückziehen wird der Nektar durch Pressen der Zunge gegen die Schnabelinnenwand aus dem Hohlraum entleert und kann nun durch den Schlund aufgenommen werden. Der gesamte Vorgang kann sich mehrfach innerhalb einer Sekunde wiederholen. Aufgrund der Kapillarität der Zunge ist eine nicht zu große Viskosität des Nektars erforderlich. In der Natur kommen ca. 15-25%-ige Lösungen bei Blütenpflanzen vor. Messungen mit künstlich angesetzten Zuckerlösungen ergaben, daß Saccharose vor Glucose und Fruktose bevorzugt wird. Höhermolekulare Lösungen können dabei von niedrigeren unterschieden werden, so daß Kolibris in der Lage sind, Nahrungspflanzen mit optimalen Nektarkonzentrationen auszuwählen (Schuchmann et al. 1979). |
Die geringe Größe bzw. Körpermasse der meisten Trochiliden und die Technik des Schwirrfluges - die kräftig ausgebildete Flugmuskulatur macht immerhin 25-30% ihrer Gesamtmasse aus - bilden ungünstige energetische Voraussetzungen, die den physiologischen Grenzbereich für Wirbeltiere darstellen. Angesichts der Tatsache, daß sehr kleine Vertreter (z.B. Lophornis, Bienenelfe) nur ca. 2 g wiegen, müssen Kolibris besondere Strategien zum Ausgleich der Energiebilanz entwickeln. Dies betrifft sowohl die Nahrungssuche und -aufnahme - die täglich aufgenommene Nahrungsmenge kann immerhin mehr als die Hälfte des eigenen Körpergewichts betragen - als auch die Ruhephasen. Wesentliche Aspekte des Stoffwechsels bzw. Energiehaushaltes unter sich verändernden Umweltbedingungen stellen dabei die Regulation der Körpertemperatur und des Sauerstoffverbrauches dar. Die aufgrund des hohen Energiestoffwechsels erforderliche erhöhte Sauerstoffversorgung wird durch ein in Relation zu allen anderen Vögeln vergrößertes Herz und eine gesteigerte Herzschlagfrequenz (bis zu 1260/min) sichergestellt. Im Blutkreislauf sorgt eine hohe Dichte an relativ kleinen Erythrozyten (ca. 6,6 Millionen/ml) für einen effizienten Gastransport. Bei Erhöhung der Umgebungstemperatur und damit optimaleren Bedingungen kann der Sauerstoffverbrauch abgesenkt werden (Schuchmann & Schmidt-Marloh 1979). Eine bedeutende stoffwechselphysiologische Anpassung stellt die Fähigkeit zum Torpor dar, die vor allem bei den Seglern und Kolibris, aber auch den als nahe verwandt angesehenen Mausvögeln Afrikas (Coliiformes) und einigen Vertretern der Schwalmvögel (Caprimulgiformes) auftritt. Zur letztgenannten Ordnung zählen Vertreter wie Nachtschwalben und Ziegenmelker. Beim Torpor handelt es sich um eine Art Kältestarre unter aktiver Absenkung der Körpertemperatur, die durch geringe Außentemperaturen gesteuert wird. Unter normalen (Tages-)Bedingungen ist eine Körpertemperatur von 36.5-43°C meßbar. Der Lebensraum, den Kolibris besiedeln, ist in der neotropischen Region weniger durch saisonale, sondern vielmehr Tag-Nacht-Temperaturunterschiede gekennzeichnet. In den Anden beträgt der Tag-Nacht-Gradient regelmäßig sogar mehr als 20 Grad. Bei normalem Energiestoffwechsel würden eine starke nächtliche Abkühlung oder Schlechtwetterperioden, die gerade im Hochgebirge häufig auftreten und die Möglichkeiten der Nahrungssuche drastisch einschränken, sicherlich einen raschen Tod bedeuten. Generell kann bei allen Kolibriarten regelmäßig Torpor nachgewiesen werden, der vor allem bei Nahrungsmangel (nachts!) auftritt (Lyman et al. 1982). Mittels Torpor kann der Energiestoffwechsel bis auf ein Fünfzigstel der Normalrate herabgesetzt werden, wobei die Atmung für längere Perioden aussetzt (Lasiewski 1964). Die Körpertemperatur sinkt normalerweise um bis zu 20° auf ca. 18°C. Ausnahmsweise können auch Individuen, deren Temperatur kurzzeitig auf 10°C oder darunter gefallen ist, wieder aus dem Starrezustand erwachen, zumindest durch externe Wärmezufuhr (Poley 1994). Da für die neuerliche, aktive Erhöhung des Stoffwechsel aber eine gewisse Mindestenergie zur Verfügung stehen muß, können torpide Kolibris nur dann überleben, wenn tagsüber ausreichende Energiereserven angelegt wurden. Um extremen Witterungsunbilden zu entgehen, benutzen hochandin lebende Arten (z.B. Oreotrochilus) Höhlen und Felsspalten als Schlafplätze. Im phylogenetischen Kontext sehen manche Autoren in der Torpidität eine Präadaption, die wahrscheinlich bereits die Vorfahren der Apodiformes besaßen und die die Evolution besonders kleiner Vertreter wie der Kolibris erst ermöglicht hat (Swinton 1960), obgleich hierfür keinerlei Beweise erbracht werden können. Vielmehr sind die Dauer und Tiefe des Torpors bei Vögeln höchstwahrscheinlich direkt mit deren Körpergröße korreliert (u.a. Calder & King 1974). Angesichts ihrer hohen Stoffwechselrate fallen Kolibris leichter in Torpor als andere Vögel und benötigen kürzere Ruhephasen (meist unter 12 Stunden). Grundsätzlich dürfte die Fähigkeit der Kolibris zum (Über-) Leben im energetischen Grenzbereich ihre weite Radiation und heutige Verbreitung teilweise erklären. Auf spezielle Ausbreitungsmechanismen, Speziationsfaktoren und ökologische Rahmenbedingungen der Nahrungseinnischung (Nektarivorie) wird im zweiten Beitrag näher eingegangen. Darin eingeschlossen wird die Frage diskutiert, inwieweit das Grundtypmodell auf Kolibris übertragbar ist. Dank: Mein herzlicher Dank gilt der SG Wort&Wissen e.V. für ihre finanzielle Unterstützung meiner Promotion, in deren Verlauf ich mich in die vorangehende Thematik einarbeiten konnte. Für logistische Hilfe und Betreuung sowie die Überlassung von Arbeitsmöglichkeiten danke ich dem Zoologischen Forschungsinstitut und Museum A. Koenig, Sektion Ornithologie, Bonn, sowie PD Dr. K.-L. Schuchmann für eine kritische Diskussion meiner Ergebnisse und o.g. Fragestellungen. |
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